Warum Wasser zum Espresso trinken?

Nicht jeder kennt den genauen Grund – doch fast jeder hat es schon einmal erlebt: Zum Espresso wird ein Glas Wasser serviert. Manche trinken es vor dem Kaffee, manche danach. Manche gar nicht. Was steckt hinter diesem Ritual? Geht es um Genuss, um Gesundheit oder einfach um Höflichkeit? In diesem Beitrag erfährst du, warum das Glas Wasser mehr ist als nur eine nette Beigabe zum kleinen Schwarzen.

Warum Wasser zum Espresso trinken?
Warum Wasser zum Espresso trinken?

Das Wichtigste in Kürze

  • Wasser reinigt den Gaumen vor dem Espresso und sorgt für ein intensiveres Geschmackserlebnis.
  • Unbedingt vor dem Kaffee trinken, nicht danach – sonst zerstört man den Nachgeschmack.
  • Nur stilles Wasser verwenden, da Sprudel den Geschmack verfälschen kann.
  • Die Tradition stammt aus italienischen Röstereien, ist aber nicht in ganz Italien üblich.
  • Viele Mythen kursieren, doch nicht alle sind wahr – etwa zur Entwässerung oder Magenschonung.

Warum trinkt man Wasser zum Espresso?

Das Wasser vor dem Espresso dient dazu, den Gaumen zu reinigen. So kann man die feinen Aromen des Kaffees unverfälscht wahrnehmen. Wird das Wasser hingegen nach dem Espresso getrunken, geht der Nachgeschmack verloren – was sowohl dem Genuss als auch dem Barista nicht gerecht wird.

Die Ursprünge der Wasser-zum-Espresso-Tradition

Die Tradition, ein Glas Wasser zum Espresso zu servieren, stammt ursprünglich aus Italien – genauer gesagt aus den Röstereien. Dort bekamen Kunden die Möglichkeit, die frisch gerösteten Kaffeesorten direkt vor Ort zu verkosten. Um die geschmacklichen Nuancen des Kaffees nicht zu verfälschen, reichte man stilles Wasser zur Geschmacksneutralisation. So konnten selbst feinste Aromen erkannt und bewertet werden. Diese Praxis diente der Qualitätssicherung und dem kulinarischen Erleben.

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Interessanterweise ist das Wasser zum Espresso in Italien keine Selbstverständlichkeit. Während man in Süditalien fast immer ein Glas Wasser dazu erhält, wird im Norden häufiger darauf verzichtet. Auch in Deutschland ist es nicht einheitlich: Manche Cafés folgen der Tradition, andere verzichten bewusst darauf. Es hängt oft vom Stil und Anspruch des Hauses ab.

Wann trinkt man das Wasser – vor oder nach dem Espresso?

Die richtige Reihenfolge ist entscheidend: Das Wasser sollte vor dem Espresso getrunken werden. Es dient nicht zur Verdünnung oder Erfrischung danach, sondern zur Vorbereitung. Wasser neutralisiert die Geschmacksknospen und spült Rückstände von vorherigem Essen oder Getränken weg. So wird der Geschmack des Espressos nicht verfälscht.

Ein Schluck stilles Wasser vor dem Kaffee wirkt wie ein Reset für den Gaumen. Das ist besonders wichtig, wenn der Espresso aromatisch komplex ist. Der erste Schluck Kaffee entfaltet sich dann intensiver, sowohl in der Nase als auch auf der Zunge. Danach sollte man dem Nachgeschmack Zeit lassen – also kein Wasser mehr trinken.

Warum man nach dem Espresso kein Wasser trinken sollte

Der Espresso ist ein geschmackliches Erlebnis, das über den letzten Schluck hinausgeht. Der sogenannte Aftertaste – der Nachgeschmack – ist Teil des Genusses. Trinkt man direkt danach Wasser, wird dieser Effekt unterbrochen oder sogar ausgelöscht. Das wäre, als würde man ein Musikstück kurz vor dem Finale stoppen.

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Zudem kann es als unhöflich gelten, wenn man sofort nach dem Espresso zum Wasser greift. In der Kaffeekultur wird dies oft als Zeichen dafür interpretiert, dass der Kaffee unangenehm geschmeckt hat – vielleicht zu bitter oder verbrannt. Vor allem in hochwertigen Cafés mit ausgebildeten Baristi kann dies als Affront empfunden werden.

Sprudel oder still: Was ist die richtige Wahl?

Wasser ist nicht gleich Wasser – vor allem nicht zum Espresso. Für ein unverfälschtes Geschmackserlebnis sollte ausschließlich stilles Wasser serviert werden. Kohlensäure verändert die Wahrnehmung auf der Zunge. Sie kann Bitterstoffe betonen oder Säuren unangenehm hervorheben. Dadurch schmeckt der Espresso womöglich ganz anders, als vom Röstmeister beabsichtigt.

Stilles Wasser hingegen wirkt neutral. Es bereitet den Mund optimal vor und lässt den Kaffee in seinem natürlichen Aroma erscheinen. Dieser feine Unterschied kann für echte Kaffeeliebhaber entscheidend sein. Ein Sprudelwasser mag erfrischend sein – aber nicht als Begleitung zum Espresso.

Die häufigsten Mythen über Wasser zum Espresso

Mythos 1: Kaffee entzieht dem Körper Wasser und das Glas Wasser dient dem Ausgleich.
Falsch! Kaffee besteht zu rund 98 % aus Wasser. Auch Koffein wirkt nicht dehydrierend, sondern regt lediglich den Stoffwechsel an.

Mythos 2: Wasser zum Espresso macht den Kaffee verträglicher für den Magen.
Unbelegt! Schonend gerösteter Espresso ist für viele Menschen besonders gut verträglich – vor allem, wenn er ohne Milch und Zucker getrunken wird.

Mythos 3: Die Wasser-Tradition stammt von amerikanischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg.
Teilweise richtig. Zwar mischten GIs ihren Espresso mit Wasser, um ihn milder zu machen, doch daraus entstand der „Americano“ – nicht die Tradition des Wassers zum Espresso.

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Wasser beim professionellen Cupping – ein Sonderfall

In Röstereien oder Barista-Schulungen ist es üblich, mehrere Kaffees direkt hintereinander zu verkosten. Dieses Verfahren nennt sich Cupping. Dabei werden verschiedene Sorten in kleinen Tassen serviert. Ziel ist es, Unterschiede in Geschmack, Säure, Körper und Nachgeschmack zu erkennen.

Anders als beim Espresso ist es beim Cupping nicht zwingend nötig, zwischen jeder Probe Wasser zu trinken. Ein zu häufiger Schluck Wasser kann sogar störend wirken, da man so aus dem Aromakontinuum herausgerissen wird. Stattdessen verwenden Profis oft einen milden Referenzkaffee zur Gaumen-Normalisierung oder greifen nur gelegentlich zu Wasser. Auch hier gilt: Stilles Wasser ist die bessere Wahl.

Fazit: Wasser zum Espresso – ein unterschätztes Ritual

Ein Glas stilles Wasser zum Espresso mag unauffällig wirken, ist aber ein echter Genussverstärker. Es bereitet den Gaumen vor, hebt die Aromen hervor und zeigt Wertschätzung für die Arbeit des Baristas. Wichtig ist, das Wasser vor dem Kaffee zu trinken – nie danach. Zwar ist der Brauch nicht überall verbreitet, doch wo er gepflegt wird, ist er Ausdruck echter Kaffeekultur.

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